Kennst du die Sorte Menschen, die daheim sitzt und sich denkt: „Ich muss dringend raus und die Welt erkunden“? Nur damit sie dann, sobald sie besagte Welt erkunden, feststellen, dass es doch besser gewesen wäre, wenn sie das Haus nicht verlassen hätten?
So jemand bin ich. Ich gehöre neuerdings zu diesen Menschen – das sind meine People. Bin ich daheim, will ich weg; bin ich weg, kriege ich (anfangs) oft eine erwachsene Form von Heimweh und freue mich, bald wieder zurück in meinen vier Wänden zu sein. Dort beginnt meine Sehnsucht nach der Außenwelt direkt wieder von vorne.
Das ist irgendwie schon witzig, denn vor diesem ganzen Pandemie-Spuk war ich keine Person, die viel reisen musste. Mir fiel nie die Decke auf den Kopf und ich war sehr glücklich mit meinen ruhigen Abenden und Wochenenden. Ab und an mal mit Freunden einen Spieleabend machen oder ein Besuch in einer Bar hat mir völlig gereicht. Doch dann kam der eine oder andere Lockdown und ich habe mir die Bude mit Pflanzen zugestellt, alle möglichen DIY-Renovierungsprojekte von meiner schon ewig alten Will ich unbedingt mal probieren-Liste abgearbeitet und viel zu oft Gilmore Girls in Dauerschleife geschaut.
Ja, irgendwann war auch diese Couch Potato von all dem müde. Ich wollte einfach nur RAUS. Ich wollte Entspannung in einer anderen, schöneren Umgebung. Ein bisschen Hotelurlaub, ein bisschen Städte-Trip, um die Batterien aufzuladen. Dass mich das Tage vorher aufgrund einer neu entwickelten Reiseangst in maximalen Stress versetzt, lasse ich an dieser Stelle mal unter den Tisch fallen. Darum soll es nicht gehen.
Worum es mir geht, ist meine Matheschwäche, die irgendwie daran schuld sein muss, dass ich auf die komische Rechnung gekommen bin, dass „auswärts schlafen“ = „körperliche Erholung“ bedeutet. Wir sind in der Vergangenheit nicht oft verreist, aber die wenigen Male, die wir weg waren, sollten mich eines besseren belehrt haben. Wie es jedoch typisch für unsere Spezies ist, neige ich dazu, Fehler trotzdem immer wieder zu machen.
Immer. Wieder.
Das ist eine JUNIOR SUITE?!
Für meinen Geburtstag haben der Mann und ich zwei Tage in Bad Saarow verbracht. Wir hatten ein paar arbeitsreiche, stressige Monate hinter uns und ich wollte einfach nur, dass wir rauskommen und es uns etwas gutgehen lassen. Bad Saarow ist nur knapp eine Stunde von Berlin entfernt, also quasi ein Katzensprung.
Ich hätte aus Urlauben wie London (tolle, tolle Stadt, aber das Hotel war ziemlich alt, unsagbar hellhörig und das Zimmer im Souterrain) und Dresden (nicht meine Stadt; günstiges Hotel mit gutem Frühstück, aber das schlimmste Bett, in dem ich je geschlafen habe) lernen müssen, dass zumindest MEINE Erholung ein paar Grundvoraussetzungen benötigt.
Vorab: Unser Hotel in Bad Saarow hatte super Bewertungen und ein passendes Preis-Leistungsverhältnis. Die Bilder sahen überall super aus und es schien wirklich toll dort zu sein … zumindest laut Google-Rezensionen.
Der erste Eindruck von unserer JUNIOR SUITE war ernüchternd, da die Zimmer in einem leicht runtergerockten Zustand waren. Handwerkliche Arbeiten schienen dort von einem Bekannten eines Bekannten der Cousine der Hotelfachangestellten durchgeführt worden zu sein. Es gab komische Schlieren und Flecken an den Wänden, schlecht oder gar nicht reparierte Löcher et cetera. Die sehr weiche Matratze vom Bett sorgte dafür, dass ich nachts fast rausfiel, wenn ich zu weit am Rand lag, und die Lüftung/Klimaanlage arbeitete sich rund um die Uhr den Hintern ab. Nach nicht einmal 24 Stunden fühlte ich mich wie Trockenobst und war nur dabei, mich einzucremen, um das Spannungsgefühl auf der Haut loszuwerden.
Hinzu kam, dass es durch das eine oder andere Fenster mächtig hineinzog. Wir hatten also angenehme -3 Grad Außentemperatur und eine auf knapp 30 Grad eingestellte Klimaanlage, um der andauernd kalten Luft in den kleinen Räumen entgegenzuwirken und innen wenigstens 21 Grad zu erreichen. Das Frühstück war auch nur okay-ish, aber dank integriertem Kino roch es im ganzen Gebäude immerhin nach frischem Popcorn (großer Pluspunkt).
Auch die Stadt konnte vom Erlebnis her nicht viel mehr als ihre berühmte Therme bieten, auf die ich aber wenig Lust hatte, weil ich am Tag unserer Abfahrt zwei Dinge feststellte:
- Bei meinem Aussortierungswahn, der mich alle halbe Jahre überkommt und meist meinen Kleiderschrank trifft, habe ich wohl das letzte Paar uralter Notfall-Flip Flops weggeworfen (konnte ja keiner ahnen, dass ich sie so bald brauchen würde). Mir fehlten also Badelatschen … und Ende November auf einen Samstagnachmittag noch auf die Schnelle welche zu bekommen, ist gelinde gesagt schwierig bis unmöglich.
- Ich habe einen Bikini, der bombig sitzt, obwohl er auch schon gut fünf Jahre alt ist. Was dazu aber nicht passt, war der Pickel, der einen Tag vorher mitten auf meinem Bauch auftauchte. Ich kriege sowieso fast nie Pickel und schon gar nicht an so einer (im Bikini ziemlich prominenten) Stelle.
Für mich waren beides eindeutige Zeichen dafür, dass ich zu meinem ursprünglichen Plan zurückkehren sollte. Wer weiß, was uns in der Therme erwartet hätte. Ich bin eine Frau, die die Zeichen des Universums nicht ignoriert, wenn sie im Doppelpack kommen. Das hieß für uns also: Oft und lange spazieren gehen! Frische, nicht-großstädtische Luft einsaugen, Wintersonne tanken, sich die hübschen Häuser angucken und viele Schritte runterreißen, damit die Schrittzähler-App uns am Ende des Monats nicht ganz so böse anschaut.
Viel mehr blieb uns in Bad Saarow auch nicht übrig. In der Nebensaison ist es zu kalt für Wakeboard fahren, baden gehen oder andere wassertypische Unternehmungen, die sich dort anbieten. Es gibt keine wirklichen Veranstaltungen (zu spät für brandenburgische Erntedankfeste, zu früh für Weihnachtsmärkte) und auch wenn ich gerne esse, kann ich nicht den ganzen Tag in irgendwelchen relativ teuren Restaurants sitzen und mir den Bauch vollschlagen (davon ab, dass wir sowieso das beste Essen bei einer Bratwurst- und Fischbrötchenbude hatten; der Italiener an meinem Geburtstag war völlig überteuert und schlichtweg höchstens durchschnittlich).
Aber eines muss ich Bad Saarow lassen: Die knapp 16.000 Schritte vom Sonntag, unserem einzigen vollen Tag dort, waren tatsächlich irgendwie erholsam. Wir hatten tolles Wetter, die Menschen waren sehr nett und es ist optisch ein echt schönes, sehr gepflegtes Örtchen. Außerdem hat mich ein 2-jähriger Shiba Inu abgeknutscht und adoptiert, was mich doch ziemlich glücklich machte.
Am Ende war der Urlaub irgendwie abenteuerlich und anders, aber auch auf seine ganz eigene Weise angenehm. Ich würde nicht behaupten, dass ich danach ausgeschlafen oder ausgeruht war (Hotelbetten scheinen nichts für mich zu sein), aber es war tatsächlich einfach mal nett, für ein, zwei Tage rauszukommen und sich sehr viel mehr als sonst zu bewegen. Dadurch habe ich wieder Energie für Dinge getankt, die schon zu lange liegengeblieben sind.
Bin ich den nun ein Urlaubsgrinch?
Ich würde sagen – jein. Ich bin eher ein anspruchsvoller Urlaubsmensch, der zuletzt öfter mal einfach Pech hatte. Meine Vorstellungen von Urlaub haben sich auch über die letzten Jahre einfach verändert. Zum einen finde ich das Ausland deutlich attraktiver. Zum anderen lerne ich allmählich, dass mir Urlaub mit kleinerem Budget in Ferienwohnungen oder in einem eigenen Camper womöglich mehr Freude bereitet als überteuerte, aber nicht sehr hochwertige Hotels. Ich mag es eigentlich, das man da nicht so viel Zeug mitschleppen muss … andererseits packe ich für zwei Tage auswärts trotzdem den halben Hausstand ein, als würden wir in ein Land reisen, das weder Drogerien noch Supermärkte noch Apotheken kennt.
Hotelurlaub wäre für mich eher etwas, wenn ich viel mehr Geld investieren kann und das Hotel an sich zu einem Erlebnis wird – sowas wie das San Domenico Palace in Taormina oder so. Wo man mir quasi jeden Wunsch von den Lippen abliest und mir morgens eine härtere Matratze besorgt, wenn ich morgens Bescheid gebe, dass mir die im Zimmer zu weich ist.
Außerdem werde ich zukünftig wieder mehr recherchieren und planen, wohin wir überhaupt fahren. Unser Dresdenurlaub letztes Jahr zum Hochzeitstag hätte sich vielleicht als entspannter herausgestellt, wenn wir außerhalb untergekommen und nur zum Sightseeing in die Stadt gefahren wären. Wir waren jedoch mitten im Zentrum und das im Sommer. Die Altstadt war zwar ein Highlight, quoll aber vor Menschen und Restaurierungsbaustellen über. Die Ecken um unser Hotel herum waren ebenfalls wenig schön, auch wenn das im weiteren Umkreis wohl besser sein soll. Wir waren nach diesem Urlaub erschöpfter als vorher – und das wäre uns sicherlich erspart geblieben, wenn wir vorher mehr recherchiert und uns unsere eigenen Bedürfnisse klargemacht hätten.
Also auch wenns anders rüberkommen mag … ich habe gerne Urlaub und ich plane irgendwann noch ganz, ganz viel zu verreisen. Ich will meine Angst überwinden und Rundreisen durch Spanien, Italien und Großbritannien machen. Will in Paris die Katakomben sehen, in Kroatien am Strand brutzeln und mir die Kirschblüten in Japan ansehen. Aber ich werde zukünftig mehr darauf achten, wie wir diese Urlaube verbringen. Sowohl was die Unterkünfte angeht als auch die Orte, an die es uns verschlägt – damit wir einen Erholungseffekt haben, uns gleichzeitig aber auch bereichert von der Erfahrung fühlen.
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